Barrierefreies Self-Publishing – geht das?
18. Juni 2012 von Kerstin Probiesch in: Barrierefreiheit
Self-Publishing…Das probiere ich auch mal, denn Ideen sind genug da. Ich denke dabei eher an kleinere E-Books im Rahmen von 20 bis 60 Seiten und damit an Bücher für die man eher keinen Verlag gewinnen kann. Falls doch, so wäre die Höhe der Tantiemen ohnehin im unlukrativen Centbereich und zwar wahrscheinlich im zweistelligen.
Warum also nicht ein Experiment wagen und warum nicht mit Amazon? Seit mehreren Monaten steht Kindle Direct Publishing auch deutschen Autoren zur Verfügung und schließlich gibt es neben den Kindle Geräten, die Kindle Apps für iPhone und iPads und Kindle für PC. Ein weiterer Vorteil: Man benötigt nicht zwingend eine ISBN und erhält je nach festgelegtem Buchpreis 35% bzw. 70% des Nettopreises (ok, es gehen noch ein paar Downloadgebühren ab und natürlich muss das versteuert werden – die Einnahmen, nicht die Downloadgebühren). Gedacht, getan. Ich begann also mit dem Experiment und dem Schreiben.
Natürlich spielte schnell Barrierefreiheit eine Rolle; das E-Book soll schließlich von allen potenziell interessierten Lesern nicht nur gekauft, sondern auch (vor)gelesen werden können. Wie gestern in meinem Artikel zum Kindle für PC mit Accessibility Plugin bereits deutlich wurde: genau das geht nicht.
Nun könnte ich das Buch parallel als PDF verkaufen; die Lizenzbedingungen von Amazon lassen das sofern ich es richtig recherchiert und verstanden habe zu. Auch wenn ich nun keinen Run auf das E-Book erwarte: Die Vorstellung auch nur eine Rechnung im Minibereich von 2,99 € oder maximal 3,50 € schreiben zu müssen ist nicht besonders reizvoll.
Also schaute ich mich weiter nach – zumindest parallelen – Veröffentlichungsmöglichkeiten um. Natürlich wäre da Apple mit seinem iBookstore. Scheut man nicht vor dem Beantragen einer US-amerikanischen Steuernummer zurück, ist das durchaus eine Option. Mal abgesehen davon, dass ich vor diesem Aufwand zurückschrecke: spätestens hier benötigt man anscheinend in jedem Fall eine ISBN. Für ein Experiment mit ungewissem Ausgang (nun gut, das sind viele Experimente) knapp 80,00 € für eine ISBN bezahlen finde ich dann doch etwas übertrieben und das Kindle-Problem wäre davon immer noch nicht gelöst.
Selbstverständlich gibt es Distributoren und Aggregatoren, die im Auftrag E-Books auf zahlreiche Kanäle einstellen und zusätzlich im eigenen Shop. Dabei muss man natürlich auf ein paar Prozent der Einnahmen verzichten. Das finde ich nun völlig ok; es wird ja eine Dienstleistung angeboten und man erhält von einer zentralen Stelle die Abrechnungen. Diejenigen, die das Buch nicht über die Kindle-Varianten lesen und nicht über Apple beziehen können, hätten außerdem die Möglichkeit, den Shop des Distributors zu besuchen. Das führt unweigerlich zur nächsten Frage: Sind diese Shops barrierefrei oder zumindest einigermaßen nutzbar? Sicher werde ich mir das in der nächsten Zeit anschauen. Ohne ISBN geht das jedoch wiederum auch nicht.
Ach ja. Inzwischen habe ich eine Datei angelegt: Barrierefreies Self-Publishing – wird ja empfohlen, Themen zu sammeln, über die es sich lohnen könnte zu schreiben. Nur…eine Lösung für mein barrierefreies E-Book-Experiment habe ich immer noch nicht. Die naheliegendste ist: Amazon macht die Kindles, Apps und Software barrierefrei bzw. stellt sie auch ihren deutschen Kunden zur Verfügung. Dass Amazon überhaupt auf ein eigenes Format setzt, steht natürlich nochmal auf einem ganz anderen Blatt und würde den Rahmen dieses Artikels (wie man so sagt) “sprengen”.
Sollte mein Experiment nicht auf dem Weg und an anderer Stelle scheitern, werde ich sicher eine Lösung finden. Ankündigen kann ich bereits, dass ich auf ein sogenanntes soziales DRM setzen werde. Also so etwas: Denken Sie an Ihr Karma und geben Sie das E-Book nicht an Dritte weiter (kleiner religions’wissenschaftlicher’ Scherz am Rande).
Davon abgesehen suche ich übrigens noch jemanden, der mir ein Cover erstellt. Ungeklärt ist für mich zudem, ob Self-Publishing – in einem solch beschränkten Rahmen – gewerblich oder freiberuflich ist? Tipps sind willkommen. Und natürlich werde ich mir mehr Mühe mit der Kommasetzung geben, als bei diesem Beitrag.
Update 19. Juni
Im Mai hatte übrigens Thinh-Lay Bossart von der Stiftung Zugang für alle über Twitter nach Vorschlägen für Tests der Woche gefragt. Auf meine Anregung hin wurde die Kindle iPad App getestet. Das Video des Tests zeigt: auch mit der Kindle App ist nichts zu wollen; gelesen wird außer “Willkommen” (Dokumenttitel) nichts. Vielen Dank an Daniele Corciulo, der den Test durchgeführt hat. Zum Video des Tests der Kindle iPad App hier entlang.
am 18. Juni 2012 um 18:14 Uhr
Amazon hat eine allgemeine Feedback-Mailadresse accessibility-feedback@amazon.com. Dort können Rückmeldungen zu Amazon-Produkten, also sicher auch zu Kindle, geschickt werden. Auf Anfrage ginge das sogar in deutsch (“Wir haben etliche Übersetzer, die auf Arbeit nur warten.”).
am 19. Juni 2012 um 09:47 Uhr
Es ist wirklich unendlich bitter, dass bei einer technischen Grundlage wie bei eBooks die Barrierefreiheit in der Wirklichkeit völlig hinten runter fällt: EPUB & Co. sind ideal dafür geeignet, barrierefreien Zugang zu ermöglichen, bei reinen Text-basierten Publikationen in der Regel sogar fast nebenbei, ohne extra Aufwand. Bei bebilderten Büchern, oder bei Verwendung von Tabellen etc. muss man sich als Ersteller des eBooks evtl. etwas mehr kümmern.
Ein Gedanke: man kann ja EPUB-kodierte Bücher irgendwo (eigene Website?) und irgendwie (Bezahlung per Paypal?) verkaufen und zum Download anbieten. Und dann den Kunden das eBook einfach per iTunes auf seine iBook-Anwendung aufspielen lassen (da ja sowieso nur social DRM eingesetzt werden soll, muss man nicht über den Apple Store gehen). Das müsste dann doch barrierefrei sein? Habe ich aber auch noch nicht zu Ende ausprobiert.
Außerdem: wie sieht es mit den anderen Plattformen neben Amazon/Kindle aus: textunes, Kobo, Thalia?
am 19. Juni 2012 um 09:58 Uhr
Hallo Jan, danke für das Posten der E-Mail Adresse. Hinschreiben werde ich sicher, auch wenn ich mir nicht besonders viel davon verspreche.
am 19. Juni 2012 um 10:11 Uhr
Hallo Herr Drümmer, danke für den Kommentar. Über solche Wege habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Es gibt weitere Plattformen wie epubli oder auch Xinxii. Natürlich möchten diese, dass beim Download eines E-Books etwas bei ihnen hängenbleibt. Ich finde es auch grundsätzlich in Ordnung, dass das so ist. Hier wird dann jedoch in jedem Fall eine ISBN benötigt, die vom Autor entweder direkt oder über die Plattform zu zahlen ist. Bei den genannten Plattformen und auch weiteren kommt es dann natürlich darauf an, ob die denn selber barrierefrei sind und ein Einkauf überhaupt “unfallfrei” möglich ist. Natürlich könnte ich diese testen, aber das ist dann schon ein etwas größeres Projekt und kostet dann schon einiges an Zeit.
Selbst wenn man den Weg über den Download via eigener Website oder Paypal macht, dann bedeutet es immer ein Mehraufwand. Man kann diesen ja treiben, da man sich zusätzliche Vertriebskanäle eröffnet. Veröffentlicht man vor dem Hintergrund dieses Themas, dann muss ich diesen Aufwand zwingend treiben. Fraglich ist außerdem, ob spätestens dann das Ganze gewerblich wird.
Workarounds (z.B. über Calibre, das – ich habe mir das aber nur grob angeschaut – selber nicht so barrierefrei ist) würden nur Bücher betreffen, die kein DRM haben. Wenn man sich den gesamten Markt anschaut, dann sind das wohl prozentual nur wenige. Ja. Es ist bitter. Die meisten Autoren werden sich mit dieser Problematik ohnehin noch nicht beschäftigt haben. Meine bisherigen Erkenntnisse bedeuten in jedem Fall: Wenn Autoren ihre Bücher barrierefrei anbieten wollen, dann geht das derzeit nur mit deutlichem Mehraufwand.
am 19. Juni 2012 um 10:25 Uhr
Selbstverständlich sind wir bei all dem noch nicht beim Kern des Problems angelangt. Self-Publishing wird zwar immer interessanter, aber das Gros sind dann doch die “normal” über einen Verlag veröffentlichten Bücher, die auch als E-Book erscheinen und nicht von allen gelesen werden können.
am 26. Oktober 2012 um 00:06 Uhr
Ich wünsche Dir viel Erfolg. Ach ja… wieso verkaufst Du das eBook nicht direkt über Paypal oder Clickbank etc. Ein ansprechendens Cover kannst Du auf Fiverr.com erhalten. Dort finden sich durchaus Profis (nicht vergessen, die ratings genau zu betrachten!) viele Grüße Pete