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Accessibility und Usability in Prüfung und Beratung

3. Februar 2012 von Kerstin Probiesch in: Barrierefreiheit, BITV, Testverfahren, WCAG

Die Entwicklung von Webangeboten hat aufeinander aufbauende Phasen, wie Konzeptionsphase, Phase des Screendesigns, Phase der Webentwicklung, Phase des Einpflegens der Inhalte, Testphase. In allen diesen Phasen sollte Barrierefreiheit eine Rolle spielen. Begleitet man als Berater die Barrierefreiheit von Anfang an oder wird in einer dieser Phasen einbezogen, so findet spätestens in der Testphase ein Rollenwechsel statt.

Phasen und Rollen

Verknüpft mit den oben genannten Phasen, zumindest was die Barrierefreiheit angeht, ähnliche und doch verschiedene Rollen und relevante Fragen:

  1. Welche Techniken sind für die Nutzer und zur Erfüllung der Erfolgskriterien (WCAG 2.0) die Besten?
  2. Habe ich als Webentwickler / Online Redakteur / Screendesigner diese Techniken auf eine für den Nutzer beste Art und Weise eingesetzt?
  3. Sind die Erfolgskriterien bzw. die Bedingungen erfüllt? Haben wir einen bestimmten Konformitätslevel erreicht?

In den ersten beiden Fällen befindet man sich in der Rolle des Beraters und gemeinsam mit

  • Akteuren (Webentwicklern, Online-Redakteuren,…),
  • Anbieter einer Website und
  • dem Webangebot sebst

meist in der Phase der

  • Konzeption,
  • des Screendesigns,
  • der Webentwicklung oder
  • dem Einpflegen der Inhalte

In diesen Phasen empfiehlt oder entwickelt ein Berater vor dem Hintergrund der Erfolgskriterien, im Zusammenspiel mit dem Beratungsgegenstand und im Idealfall solche Techniken, mit denen Barrierefreiheit auf die bestmögliche Art und Weise umgesetzt werden kann. Aspekte der Usability können und sollten in diesen Phasen eine Rolle spielen. Denn: Mehrere Wege führen nach Rom und es geht um die Wege, die für Menschen mit Behinderung (aber durchaus auch für andere) am einfachsten und effektivsten zu gehen sind.

Geht es jedoch um einen Test auf Konformität eines Webangebots oder eines Intranets, befindet man sich in einer anderen Phase: Eine Phase kann zu Ende gegangen sein, z.B. die Phase des Screendesign, ein Entwicklungsprozess ist abgeschlossen oder endet gerade (Zeitpunkt kurz vor Abnahme bzw. Launch oder Relaunch). Oft – und zwar deutlich zu oft – steht man natürlich auch vor einer anderen Situation und erhält den Auftrag die Barrierefreiheit nach WCAG 2.0 oder BITV 2.0 zu prüfen, ohne vorher beratend einbezogen zu sein.

Rollenwechsel

Unabhängig davon, ob man als Berater die Entwicklung eines Webangebots begleitet (hat) oder nicht, findet – aus meiner Sicht ein wichtiger Aspekt – ein Rollenwechsel statt bzw. ist eine andere Rolle angesprochen. Der Berater geht in Rolle des Prüfers und beantwortet in seinem Prüfbericht (zumindest dann, wenn es um Konformität mit den WCAG 2.0 geht) nur noch die dritte Frage: “Sind die Erfolgskriterien bzw. die Bedingungen erfüllt? Haben wir einen bestimmten Konformitätslevel erreicht?”

Mit diesem Rollenwechsel geht ein Wechsel des Blickwinkels einher: Geht es in der Beratung und der Entwicklung eines Webangebots durchaus um Techniken, so geht es bei einem Test nur noch um Erfolgskriterien. Es geht “nur” noch um die Frage: Ist ein Erfolgskriterium / eine Bedingung erfüllt oder nicht und nicht mehr um die Frage, ob es auf die bestmögliche Art und Weise erfüllt ist – wie auch immer man “bestmöglich” definieren möchte. Freilich können und sollten Usability-Aspekte in einen Prüfbericht als Kommentare einfließen, sie dürfen jedoch das Urteil nicht trüben und keinen Einfluss auf das Ergebnis haben.

Trennung von Beratung und Prüfung

Letztlich ist bei der Prüfung von Barrierefreiheit eine “leidenschaftslose” Haltung zum Prüfgegenstand sowie zu den WCAG oder der BITV nötig. Man kann und sollte leidenschaftlich die besten Techniken empfehlen und für diese eintreten – in der Beratung. Geht es aber um WCAG-Konformität, dann wurde nicht nach einer Meinung über besser, “richtiger” usw. gefragt sondern, ob die Konformität da ist oder nicht. Nicht mehr, aber auch und nicht weniger. Diese Aspekte sowie die verknüpften Rollen strikt zu trennen ist aus meiner Sicht eine der wichtigen Voraussetzungen, um mit einem Testverfahren allgemeine Gütekriterien wie Reliabilität, Objektivität und Validität zu erfüllen.

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